MVZ nimmt Betrieb auf
Hohenloher Tagblatt, 2.5.2015
Mit der Inbetriebnahme des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Crailsheim wird die Zusammenarbeit zwischen Ärzten in der Stadt intensiviert. Das MVZ ist eine Art Gemeinschaftspraxis im Krankenhaus. Für Landrat Gerhard Bauer ist das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ), das am Montag seinen Betrieb im ältesten Teil des Krankenhauses aufnimmt, "ein weiterer Meilenstein" auf dem Weg zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Stadt und Umfeld. Dass dem Kreis die Gesundheitsversorgung in Crailsheim sehr am Herzen liege, belege ja auch der Bau eines neuen Klinikums, fügte er auf einer Pressekonferenz hinzu.
Das MVZ ist eine Tochtergesellschaft der Landkreis Schwäbisch Hall Klinikum gGmbH. Klinikum-Geschäftsführer Werner Schmidt leitet auch das MVZ. Ärztliche Leiter des MVZ sind die beiden ehemaligen niedergelassenen Ärzte Dr. Werner Schebesta und Dr. Helmut Kopp. Chirurg Schebesta arbeitet schon seit zwei Jahren in einer Praxis im Krankenhaus, der bislang in Roßfeld praktizierende Arzt Dr. Kopp folgt ihm nun. Er behandelt ab Montag Patienten in Räumen im Krankenhaus-Altbau.
Bislang waren die beiden Mediziner niedergelassene Ärzte. Jetzt haben sie ihre Vertragsarztsitze aufgegeben und sind Angestellte des MVZ. Weil das Versorgungszentrum nicht zur Reduzierung von Arztsitzen beitragen will, wurde bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) der Betrieb einer sogenannten Nebenstellenpraxis beantragt. Gibt die KV grünes Licht, kann Dr. Kopp weiterhin in Roßfeld tätig sein - allerdings muss der Schwerpunkt seiner Arbeit künftig im MVZ liegen. Dr. Schebesta (66) und Dr. Kopp (60) sind also die Urbesetzung des Crailsheimer MVZ. Sie werden aber bald Gesellschaft bekommen, kündigte MVZ-Geschäftsführer Schmidt an. Es gebe weitere Ärzte in Crailsheim, die Interesse an einer Anstellung beim Medizinischen Versorgungszentrum hätten, berichtete er gestern. Bereits sicher ist, dass Dr. Andreas Freytag (37) der dritte MVZ-Mediziner in Crailsheim ist. Der bisherige Oberarzt am Ostalbklinikum in Aalen ist Chirurg und unterstützt Dr. Schebesta. Sobald der in Ruhestand geht, soll Freytag dessen Funktion als Ärztlicher Direktor des MVZ übernehmen.
Warum aber überhaupt ein Ärztehaus im Krankenhaus, eine Gemeinschaftspraxis im Klinikum? Alle Beteiligten erhoffen sich Synergieeffekte, setzen auf eine Win-win-Situation. Wollen niedergelassene Ärzte in den Ruhestand gehen und finden keinen Nachfolger, können diese Arztsitze vom MVZ übernommen werden, bleiben also der Region erhalten. Andererseits entscheiden sich vielleicht mehr Mediziner für hausärztliches Arbeiten, wenn sie nicht mehr das Risiko freiberuflicher Tätigkeit tragen müssen, sondern Angestellte des MVZ sind. Dr. Helmut Kopp, der mehr als 20 Jahre als niedergelassener Arzt gearbeitet hat, brachte seine Problematik, die aber bei Weitem nicht nur seine ist, gestern so auf den Punkt: "Einzelpraxen haben keine Zukunft mehr."
HOHENLOHER TAGBLATT | ANDREAS HARTHAN | 02.05.2015