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Auch ein Jahr nach dem Beginn des Ruhestands ist es dem Mediziner Dr. Werner Schebesta nicht langweilig. Foto: Julia Vogelmann

Aktiv bleiben, unter Leute gehen, etwas Sinnvolles tun

Zehn Jahre Klinikdienst in Ehingen, Leipheim und Stuttgart, dann Oberarzt in Dinkelsbühl und 1985 schließlich die eigene Praxis in Crailsheim: So liest sich der berufliche Lebenslauf von Dr. Werner Schebesta. Es war eine Spontanentscheidung, die 1985 dazu geführt hat, dass Crailsheim mit ihm einen niedergelassenen Chirurgen bekam. „Ich habe es nie bereut, es ist immer schöner, der Daumen zu sein und nicht mehr der Knopf“, erklärt er anschaulich.

 

Wie Urlaub kam ihm die Arbeit von 50 Wochenstunden zu Anfang vor, der es gewohnt war, in der Klinik Nacht- und Wochenenddienste zu schieben. „Das relativiert sich mit der Zeit“, sagt er dann und erinnert sich an die Anfangszeiten seiner Praxis, als er feststellte, dass zur Selbstständigkeit mehr gehört als nur der Dienst am Patienten. Mit Unterstützung seiner Frau, die ihm nicht nur bei der Verwaltung zur Seite stand, sondern ihm den Rücken freihielt und sich um die drei Söhne kümmerte, war jedoch bald Routine eingekehrt. Schebesta füllte nebenher noch zahlreiche Ehrenämter aus. Schon damals legte er den Grundstein für eine ausgefüllte Zukunft im Alter, indem er mit der Familie viel auf Reisen ging und versuchte, regelmäßigen Hobbys zu frönen oder soziale Kontakte zu pflegen. Auch der Umzug vor sechs Jahren aus dem familiengerechten Heim in die seniorenfreundliche stadtnahe Wohnung zielte auf den Ruhestand ab.

 

Mit dem 60. Lebensjahr kam bei Werner Schebesta der Wunsch auf, in den Ruhestand zu gehen und die Praxis abzugeben. „Einfach zuzumachen war gar nicht in meinem Sinn, die Praxis ist ja unsere Altersvorsorge“, betont er, weshalb er noch fünf Jahre weitergemacht hat, als sich die Suche nach einem Nachfolger schwierig gestaltete. Ein Umzug ins MVZ Crailsheim sollte der Praxis neue Möglichkeiten eröffnen und sie für einen Nachfolger attraktiver machen. Der Plan ging auf. Nachdem er seinen Nachfolger eingearbeitet hatte, verabschiedete sich Werner Schebesta am 1. Oktober letzten Jahres offiziell in den Ruhestand.

 

„Ich empfand es als Erleichterung, die Chefrolle abzugeben“, sagt er heute, nach ziemlich genau einem Jahr im Ruhestand. Seitdem ist er mit seiner Frau praktisch ständig auf Reisen, war unter anderem in Kuba, Florida, Südafrika und natürlich in Tansania. Die erste Reise dorthin unternahm er kurz vor dem Ruhestand, im August 2015, um sich anzuschauen, welche Aufgaben das neue Ehrenamt, das er sich bereit erklärt hatte zu übernehmen, für ihn vorsieht. „Wir haben uns gleich wieder etwas um den Hals hängen lassen“, sagt Werner Schebesta lachend, als er erzählt, wie er dazu kam, der Nachfolger von Barbara Kniest als Koordinator für den Arbeitskreis Tansania zu werden. „Wir treten in sehr große Fußstapfen, die Frau Kniest hinterlassen hat. Das ist im Moment sehr zeitintensiv, weil wir viel lernen müssen“, erklärt er und umreißt die vielen Aufgaben, die auf ihn und seine Frau zukommen. „Ich muss im Prinzip Spenden sammeln und schauen, was dann passiert damit“, fasst er in aller Kürze zusammen.

 

Die jährlichen Reisen nach Tansania, wo er Projekte besichtigt und mit Koordinatoren in Kontakt tritt, finanzieren die Schebestas aus eigener Tasche. Begeistert erzählt er von Projekten wie dem Bau von 24 Wassertanks, der Ausbildung von jungen Massai-Frauen zu Lehrerinnen oder dem Projekt Nelito, das mit Minikrediten Aids-Witwen Hilfe zur Selbsthilfe gibt.

 

Doch bei aller Reiselust haben die Schebestas auch schon eine Lehre aus dem Ruhestand gezogen: „Wir haben gelernt, dass wir mehr zu Hause sein müssen und wollen, weil die Familie uns sehen will und es uns wichtig ist, Freundschaften zu pflegen“, so Werner Schebesta. Deshalb versucht er, den Sommer über in Crailsheim zu sein, um mit Freunden essen zu gehen oder Zeit mit seinen Kindern und mittlerweile fünf Enkeln zu verbringen. „Crailsheim ist mein Lebensmittelpunkt. Ich weiß zu schätzen, was ich daheim habe“, sagt er. Aktiv bleiben, unter Leute gehen, etwas Sinnvolles tun, fasst zusammen, wie die Schebestas ihren Ruhestand verleben. „Es gibt nur die Gegenwart, den Rest hat man nicht im Griff“, sinniert Schebesta und verrät grinsend, dass er den Wecker jeden Tag auf halb acht stellt. „Damit der Tag nicht verbummelt wird.“

 


HOHENLOHER TAGBLATT | Julia Vogelmann | 26.11.2016

 

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