top of page

Ministerpräsident Winfried Kretschmann nimmt sich gestern bei seinem Besuch im Landkreis Schwäbisch Hall auch Zeit, um eine Mitarbeiterin der Firma Bausch + Ströbel in Ilshofen zu begrüßen. Foto: Ufuk Arslan

„Geben Sie mir das mit“

Winfried Kretschmann diskutiert mit Landrat, Abgeordneten, Kreisräten und Bürgermeistern kommunalpolitische Themen. Es geht um Ärzte, Klinikum, Straße und Schiene.
 

Geben Sie mir das mit, geben Sie das mal ein“, so lautet eine häufige Antwort von Winfried Kretschmann beim kommunalpolitischen Gespräch, dem zweistündigen Höhepunkt am Nachmittag bei der Firma Bausch + Ströbel. Der Ministerpräsident sieht sich für die großen Richtlinien und nicht für Details zuständig, will aber alle offenen Fragen beantworten, nimmt Anregungen mit und wird auch konkret in seinen Antworten.

Der Landrat platziert neben dem Thema Verkehrsinfrastruktur mit Straße und Schiene die stationäre und hausärztliche Gesundheitsversorgung im Landkreis beim Ministerpräsidenten. Großes Thema im Landkreis: die ambulante ärztliche Versorgung. Zuständig ist aber die Kassenärztliche Vereinigung (KV). Landrat Gerhard Bauer hat in die aktuellen Zahlen geschaut und stellt fest: „Fast alles im grünen Bereich. Das ist wörtlich zu nehmen, denn mit dieser Farbe kennzeichnet die KV die geschlossenen Bereiche, in denen rechnerisch kein Bedarf besteht.“ Der Ministerpräsident hat in die Statistik geschaut: „Sie haben im Landkreis Schwäbisch Hall eine Überversorgung von knapp zehn Prozent“, macht er deutlich. Diese Rechnung gehe aber nicht auf, erwidert der Landrat, denn der Landkreis Schwäbisch Hall sei mit rund 1500 Quadratkilometern Fläche der viertgrößte Flächenlandkreis in Baden-Württemberg. Bei langen Wegen komme es schon darauf an, wo die Hausärzte ihren Sitz haben – vor allem weil die Zahl älterer Menschen wachse.


Konzentration in großen Städten


Zudem konzentrieren sich Hausarztsitze auf die beiden großen Kreisstädte Schwäbisch Hall und Crailsheim. Ausweg: Fachärzte und Krankenhaus. Folge: lange Wartezeiten, Überlastung der Notfallambulanzen. Nachwuchs sei nicht in Sicht und die Situation werde sich verschärfen, wie der Blick auf die Altersstruktur zeigt. Der Ministerpräsident will „mal den Sozialminister vorbeischicken und genauer draufschauen lassen“, obwohl die Landesregierung nicht zuständig sei.


Regierungspräsident Wolfgang Reimer macht dazu deutlich, dass es den klassischen Hausarzt, der mit langen Arbeitszeiten für seine Patienten lebt, künftig nicht mehr geben werde. Die Situation sei in anderen Bundesländern, in anderen Landkreisen viel dramatischer als im Landkreis Hall. Möglicher Ausweg: Ärztehäuser und Gemeinschaftspraxen schaffen, dafür Fördermittel nutzen; den Beruf für junge Ärzte attraktiver machen, beispielsweise durch geregelte Arbeitszeiten. Da sei der Landkreis mit dem gegründeten Medizinischen Versorgungszentrum am Klinikum Crailsheim auf dem richtigen Weg.


Der Landrat spricht ein weiteres Problem an: die Finanzierung des Krankenhausbetriebs. Das Klinikum hat 2016 einen Verlust von rund zwei Millionen Euro gemacht, „rund 1,2 Millionen davon entfallen auf Abschläge aufgrund von Mehrleistungen, weil die Patientenzahlen zugenommen haben“, macht Gerhard Bauer deutlich.


„Bitte nehmen Sie Einfluss“


Zudem sei die reguläre Vergütung für Krankenhausleistungen nicht angemessen. Das hohe Lohnniveau in Baden-Württemberg werde nicht berücksichtigt. „Wir sind für die Investitionen zuständig und nicht für den Betrieb und haben für die Krankenhäuser so viel Geld ausgegeben wie noch nie“, sagt Kretschmann.


Jedes zweite Krankenhaus in Baden-Württemberg schreibe rote Zahlen, so der Landrat. Er appelliert: „Bitte nehmen Sie Einfluss auf die Bundespolitik und sorgen Sie dafür, dass die Unterfinanzierung der Krankenhäuser in Berlin endlich ernst genommen wird.“


Haller Tagblatt / Hohenloher Tagblatt / Rundschau Gaildorf / 19.05.2017 / Marcus Haas

Please reload

bottom of page