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Junge Mediziner informieren sich über das Leben als Landarzt

Junge Ärzte und Medizinstudenten informieren sich im Landkreis über die Arbeit als Landarzt. Das Interesse für ein Berufsleben als Hausarzt ist vorhanden.

Auf Initiative der CDU-Kreistagsfraktion ist am vergangenen Wochenende eine Gruppe junger Mediziner im Landkreis zu Besuch gewesen. „Ich bin echt happy, dass das geklappt hat“, sagte der Crailsheimer CDU-Kreisrat Jens Zielosko am Samstag. Gerade eben erst haben 13 Ärzte in Weiterbildung und Medizinstudenten aus ganz Baden-Württemberg auf ihren Sitzen in der Kantine des Landratsamts Platz genommen. Landrat Gerhard Bauer geht ans Redepult und preist den Landkreis Schwäbisch Hall in den höchsten Tönen.

Die hausärztliche Versorgung sei ein Arbeitsschwerpunkt von Landkreisverwaltung und Kommunen. „46 Prozent unserer Hausärzte sind über 60“, so Bauer. „Da kommt was auf uns zu.“ Zum Vergleich: Landesweit liege der Anteil der Hausärzte über 60 bei 36 Prozent. Die Suche nach Nachfolgern für Ärzte, die in den Ruhestand gehen, gestalte sich schwierig. „Am liebsten wäre es uns natürlich, wenn Sie alle herkommen“, so Bauer.

Ärztemangel Landkreis Hall Junge Mediziner besuchen den Landkreis

Regelmäßig bringt die „Perspektive Hausarzt Baden-Württemberg“ des Hausärzteverbands Baden-Württemberg junge Mediziner mit der Aktion „Land-Arzt-Leben-Lieben“ in Kontakt mit dem ländlichen Raum. Von Freitag bis Sonntag war der Landkreis Hall an der Reihe. Und man hat sich ins Zeug gelegt, um den medizinischen Nachwuchs von der Region zu überzeugen. Junge Hausärzte haben von ihrem Berufseinstieg berichtet, und die Vorsitzende der Kreisärzteschaft, Dr. Elisabeth Koerber-Kröll, hat die Organisation des ärztlichen Notdienstes im Landkreis erklärt. „Wir merken, dass das Interesse da ist“, so Koerber-Kröll. „Wir haben in Baden-Württemberg ja zum Glück das Hausarztmodell. Die Wirtschaftlichkeit ist für Allgemeinmediziner ja auch ein wichtiges Thema.“

Kinderbetreuung muss für Ärzte mit Familien geregelt sein

An alles hat man bei der Präsentation des Landkreises allerdings nicht gedacht. „Sie haben jetzt gar nichts zur Kinderbetreuung gesagt“, kritisierte Michaela Christenn. Die 34-Jährige arbeitet zurzeit als Internistin in einer Klinik in Karlsruhe und lebt mit ihrem Mann, der ebenfalls Mediziner ist, in Mannheim. Sie kommt ursprünglich aus Schrozberg und könnte sich ein Leben als Hausärztin auf dem Land gut vorstellen. Ihre zwei kleinen Kinder will sie aber gut versorgt wissen. „Kommen Sie auf uns zu, wir kriegen da eine Lösung hin“, versprach ihr Landrat Bauer. „Daran soll es nicht scheitern“, ergänzte Christian Mauch, Bürgermeister von Gerabronn.

Neben dem Besuch im Landratsamt, Gesprächen mit Experten zum Thema Niederlassung als Hausarzt und einem Freizeitprogramm stand für die Mediziner auch der Besuch von allgemeinmedizinischen Praxen im Landkreis auf dem Programm. Am Samstagnachmittag ging es nach Gaildorf ins erst im Februar 2016 eröffnete Zentrum Familienmedizin. In Empfang genommen wurden sie von Jörg Manderscheid. Der Allgemeinmediziner betreibt in dem modernen Neubau in der Gaildorfer Innenstadt eine Gemeinschaftspraxis mit drei weiteren Hausärzten, einem Kinder- und Jugendmediziner und einem Internisten. Zusätzlich arbeiten noch zwei Weiterbildungsassistenten in der großzügig dimensionierten und hellen Praxisräumen.

Die ersten Überlegungen für ein Ärztehaus in Gaildorf habe es 2012 gegeben, erklärte Manderscheid. „Wenn wir das jetzt nicht machen, bricht die medizinische Versorgung im südlichen Landkreis zusammen“, so umschreibt er die damalige Motivation, neue Wege in der ärztlichen Zusammenarbeit zu gehen. „Das Landleben als Arzt ist nicht mehr so stressig wie früher. In einer Gemeinschaftspraxis sind auch Teilzeit oder flexible Arbeitszeiten möglich“, so Manderscheid. Und das gehe auch bei rund 6000 Patienten, die man in seiner Praxis durchschnittlich pro Quartal behandle: „Den Einzelkämpfer von früher gibt es nicht mehr.“

Der Hausarzt führte die jungen Leute durch seine Praxis und beantwortete Fragen. „Etwa einmal in der Woche“, antwortete er beispielsweise im speziell eingerichteten Notfallraum auf die Frage, wie oft dieser genutzt werde. Der Raum ist für Rettungskräfte durch eine gesonderte Tür leicht zu erreichen – sie müssen nicht durch den Empfangsbereich.

Zum Abschlussgespräch im Sozialraum, bei dem auch das Investorenpaar Karin Schick und Jürgen Hinderer anwesend ist, fragte Manderscheid, wer Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance lege. 13 Arme hoben sich. „Es muss auch mit der beruflichen Situation des Partners zusammenpassen“, sagt die 30-jährige Ulrike Vogelmann. Sie kommt ursprünglich aus Dresden, lebt nach dem Studium in Heidelberg aber mit Mann und Kind in Obersulm. „Ich habe mich erst als Hausärztin in der Oberlausitz gesehen, aber jetzt bleibe ich.“ Ob es einmal der Landkreis Hall wird, könne sie aber nicht sagen. Susanne Schlesinger (34) aus Freiburg ist sich sicher, dass sie eher in ihrer Heimat arbeiten will. Die Veranstaltung habe ihr aber die Angst vor der Niederlassung als Hausärztin genommen. „Man hat hier viele Optionen“, sagte Michaela Christenn. „Die Infrastruktur muss aber stimmen.“

Notwendige Veranstaltung

„Das ist eine wichtige und notwendige Veranstaltung“, so lautet das Fazit von Allgemeinmediziner Manderscheid. „Die Arbeit auf dem Land ist nicht die Höchststrafe.“ Man lebe mit den Patienten und begleite sie jahrelang. Das sei etwas völlig anderes als das Arztleben im urbanen Raum. Auch er hofft, den einen oder anderen als Hausarzt für den Landkreis gewonnen zu haben.

Info Weitere Infos zu der Aktion des Hausärzteverbands Baden-Württemberg gibt es unter www.perspektive-hausarzt-bw.de/aktionen
 
Geschäftsführer Werner Schmidt informiert die Medizinstudenten über das Medizinische Versorgungszentrum und den Gesundheitscampus im Bereich des Klinikums Crailsheim

Haller Tagblatt / Hohenloher Tagblatt / Gaildorfer Rundschau / 25. Oktober 2019 /  Norbert Acker

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